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Ex-Eon-Aufsichtsratsvorsitzender: AKW-Files zu Habeck entsprechen "voll und ganz meiner Wahrnehmung"

Karl-Ludwig Kley war von 2016 bis 2023 Aufsichtsratsvorsitzender des Energiekonzerns E.ON. In einem Interview erklärte er, dass ihn die "Cicero"-Berichterstattung nicht überrasche. Habeck sollte einfach unmissverständlich aussprechen, Kernenergie nicht zu unterstützen – dann hätte er weniger Probleme.
Ex-Eon-Aufsichtsratsvorsitzender: AKW-Files zu Habeck entsprechen "voll und ganz meiner Wahrnehmung"Quelle: Gettyimages.ru © Sean Gallup / Staff

Am 25. April präsentierte das monatlich erscheinende Politmagazin Cicero einen ausführlichen Artikel zu den Auswertungen der freigeklagten Atomkraft-Akten des Wirtschaftsministeriums. Medial als "AKW-Files" tituliert, sorgte der Beitrag für kontroverse Wahrnehmungen hinsichtlich der verantwortlichen Rolle von Minister Habeck zum finalen Ende der Laufzeitverlängerung deutscher Kernkraftwerke.

In einem Interview mit dem Nachrichtensender n-tv erklärte Karl-Ludwig Kley, der langjährige Ex-Aufsichtsratsvorsitzende des Energiekonzerns E.ON, dass er inhaltlich nichts an der Cicero-Berichterstattung zu den Ereignissen im Frühjahr 2022 zu monieren hätte. Habeck behauptet aktuell, dass er und sein Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) sich auf einer argumentativen Linie mit der deutschen Energie-Industrie befunden haben. Kley widerspricht dieser Wahrnehmung.

In dem n-tv-Interview wird einleitend zusammengefasst, dass der Cicero-Artikel anhand vorliegender und veröffentlichter Unterlagen belegen würde, dass Wirtschaftsminister Robert Habeck "entgegen seiner öffentlichen Zusicherung im Frühjahr 2022 die Frage des Weiterbetriebs von Kernkraftwerken nicht ergebnisoffen geprüft" habe. Kley kommentierte darauf angesprochen:

"Was der 'Cicero' da herausgefunden hat, überrascht mich nicht. Es entsprach und entspricht voll und ganz meiner Wahrnehmung."

Das heutige Lufthansa-Aufsichtsratsmitglied nannte als Beispiel für seine Einschätzung die Veröffentlichung eines "sogenannten Prüfvermerks, auf dessen Basis sie – das BMWK – eine Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke nicht empfehlen könnten". Das im März 2022 veröffentlichte und im Cicero-Artikel zitierte Papier, würde laut Kley unter anderem darlegen:

"Zusammengefasst steht da drin, dass erstens deren 4,4 Gigawatt Kraftwerksleistung keinen relevanten Beitrag zur Energieversorgung leisten würden. Und zweitens, dass aufgrund der regulatorischen und technischen Hindernisse die Laufzeitverlängerung gar nicht möglich sei. Mit Verlaub, beides ist Unsinn."

Die seitens des BMWK und Zuarbeitern vorgelegte Behauptung in dem Papier, "zusätzliche Strommengen könnten erst mit frischen Brennstäben produziert werden", würde laut Kley schlicht "nicht stimmen". Weiter erklärt er thematisch:

"Der Betrieb im Winter 2022/23 konnte ohne frische Brennelemente erfolgen – was er dann ja auch während der dreimonatigen Verlängerung tat. Ein Betrieb von einigen weiteren Monaten wäre, zumindest beim Kernkraftwerk Isar, mit einem neu zusammengesetzten Reaktorkern möglich gewesen. Und dann hätte man bereits über neue Brennelemente verfügen können."

Auch die seitens des Habeck-Ministeriums eingeforderte "sogenannte periodische Sicherheitsprüfung" der AKWs sieht der Ex-E.ON-Profi kritisch:

"Denn eventuelle Sicherheitsrisiken würden bei den sowieso laufenden kontinuierlichen Prüfungen sofort entdeckt werden. Sowohl relevante Vertreter der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit als auch der TÜV-Verband sind meiner Meinung; ich befinde mich also in bester Gesellschaft." 

Das E.ON-Unternehmen hätte diese kritische Einschätzung auch gegenüber dem BMWK, also Habeck, kommuniziert. Die Entscheidung, "Kernkraftwerke weiterlaufen zu lassen, ist keine technische Frage, sondern eine politische", so Kley erläuternd. Dem BMWK wäre mitgeteilt worden, dass auf technischer Seite "E.ON alles möglich machen würde, die politische Entscheidung müsse aber einzig und allein auf der Ebene der Bundesregierung fallen". Und weiter:

"Je früher sie fiele, desto besser wäre es. Denn in Vorleistungen würde E.ON nicht treten. Diese Position wurde den beteiligten Ministerien gegenüber vielfach kommuniziert."

Mit dem Wissen von heute, der Chronologie der Ereignisse, müsse er sich eingestehen, dass sich die damaligen Vertreter der Energiewirtschaft "insgesamt in den politischen Diskussionen klarer und deutlicher hätten positionieren müssen, anstatt möglichen Konflikten vorschnell auszuweichen". Das Thema Kernkraft sei damit in Deutschland "wahrscheinlich erst einmal durch". Kleys Einschätzung zum Status quo deutscher Energiesicherheit lautet:

"Ich selbst halte das angesichts der Kombination von Ukrainekrieg, Wirtschaftskrise und Energiewende für verantwortungslos. Aber so ist es nun einmal. Wir sollten trotzdem auf jeden Fall in Sachen Kernkraft in der Forschung aktiv bleiben … wer Technologien von vornherein ausschließt, verspielt die Zukunft."

Laut Kley würde Minister Habeck aktuell weniger politischen, wie auch medialen Stress, erleben, wenn er bereits 2022 bis 2023 unmissverständlich formuliert hätte, dass er generell keinerlei Interesse an den drei funktionalen AKWs habe, "eben absolut keine Kernenergie" wolle. Kley resümierend:

"Und deshalb kam eine Zustimmung zum Weiterbetrieb für ihn nie infrage. Das wäre die Wahrheit. Und dann bräuchte er jetzt auch nicht alle möglichen Mails und Protokolle rauf und runter zu interpretieren."

Ein Folgeartikel wurde seitens der Cicero-Redaktion mit dem Titel versehen: "Habeck verstrickt sich in eigenen Märchen". Trotz aller Kritik und Widersprüche, auch vor den bereits zwei einberufenen Ausschüssen, will der Grünen-Politiker auch weiterhin keinerlei Fehler seines Ministeriums erkennen.

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